Carolin Schäfer hat bei ihrer ersten großen internationalen Meisterschaft bei den Aktiven einen gebührenden Einstand hingelegt und bei schwierigen Bedingungen mit persönlicher Bestleistung von
6395 Punkten den vierten Platz erreicht. Einen Platz dahinter landete mit 6325 Punkten Lilli Schwarzkopf, die erst vor wenigen Monaten nach langer Verletzungspause durch ihren Achillessehnenriss
ihr Comeback feierte. Platz acht ging an die dritte DLV-Starterin Claudia Rath, die nicht ganz in den Wettkampf fand und am Ende auf 6225 Punkte kam.
Die Top-Favoritinnen fehlten in Zürich: während Jessica Ennis ebenso wie Jennifer Oeser derzeit Babypause macht, verzichtete die diesjährige Götzis-Siegerin Katarina Johnson-Thompson zugunsten
ihrer Teilnahme bei den Commonwealth Games. Dafne Schippers, die in diesem Jahr einen neuen Siebenkampf-Landesrekord für die Niederlande aufstellte, entschied sich, bei der EM auf den
Sprint zu setzen. Das machte den Platz frei für einen spannenden Kampf um die Medaillen, bei dem die deutschen Siebenkämferinnen kräftig mitmischten.
Erste Disziplin, erste Bestleistung
Von Anfang an lagen die Top 5 eng beieinander und wechselten von Disziplin zu Disziplin ihre Platzierung. Titelverteidigerin Antoinette Nana Djimou startete fulminant in den Wettkampf und
sicherte sich mit Saisonbestleistung von 13,05s über die Hürden die Führung. Aber auch Carolin Schäfer erwischte einen guten Einstieg, lief in 13,20s neue persönliche Bestleistung und belegte
Rang drei in der ersten Zwischenwertung. Teamkollegin Claudia Rath konnte mit 13,54s ebenfalls zufrieden sein. Damit lag sie knapp über den in Ratingen gelaufenen 13,47s und sogar noch eine
Hundertsel unter ihrer Leistung bei ihrem vierten Platz bei der WM in Moskau. Lilli Schwarzkopf, die seit ihrem Comeback vor allem noch den Trainingsrückstand in den Laufdisziplinen spürt,
bestätigte in 13,87s ihre Zeiten aus diesem Jahr.
Höhenflüge mit Landesrekord
Es folgte ein erstklassiger Hochsprung, nach welchem sich Nadine Broersen aus den Niederlanden mit neuem Landesrekord von 1,94m im Gesamtklassement an die Spitze setzte. Höher, nämlich 1,97m,
flog nur noch die erst 19-Jährige Belgierin Nafissatou Thiam. Auch Lilli Schwarzkopf jubelte über eine neue persönliche Bestleistung: sie legte gegenüber Ratingen nochmal einen Zentimeter drauf
und schob sich mit 1,85m auf Rang 6 vor. Carolin Schäfer blieb mit 1,82m nur 2cm unter ihrem Hausrekord, während Claudia Rath mit Saisonbestleistung 1,79m übersprang.
Erneuter Führungswechsel nach dem Kugelstoßen
Für Nadine Broersen ging es mit der Kugel nicht ganz optimal weiter. Sie blieb mit 13,35m rund einen halben Meter unter ihren Möglichkeiten und musste Rang 1 Nafissatou Thiam überlassen. Carolin
Schäfer stieß 2cm weiter und lag damit weiter auf Kurs. Sie wurde allerdings von Lilli Schwarzkopf überholt, die ihre Routine ausspielte und die Kugel auf starke 14,44m wuchtete. Einen kleinen
Dämpfer musste hingegen Claudia Rath hinnehmen. Sie blieb mit 12,88m unter ihren Erwartungen und fiel auf Platz 13 zurück.
Pfeilschnell über die halbe Stadionrunde
Carolin Schäfer beendete den ersten Tag genauso rasant, wie sie ihn begonnen hatte, und stürmte in herausragenden 23,84s zu neuer Bestzeit und einem sensationellen zweiten Platz in der
Zwischenwertung - nur 6 Punkte hinter der Führenden Thiam. Ihre Trainingspartnerin Claudia Rath machte mit soliden 24,43s wieder Boden gut, auch wenn sie nach den zuletzt in Ratingen gelaufenen
24,20s auf mehr gezählt hatte. Ähnlich ging es Lilli Schwarzkopf, die sich nach intensiver Vorbereitung einen kleinen Schub nach vorne erhofft hatte, jedoch mit 25,86s gegenüber ihrer Leistung in
Ratingen (25,68s) zurück blieb.
Fünfte Disziplin, dritte Bestleistung
Der zweite Tag verhieß Spannung pur, zumal die ersten Fünf nach Tag eins weniger als 100 Punkte auseinander lagen. Eine positive Überraschung war es dann aus deutscher Sicht, dass sich Youngster
Carolin Schäfer mit ihrer dritten Bestleistung, 6,30m im Weitsprung, an die Spitze setzte. Die Medaille schien nun zum Greifen nahe, auch wenn die ihr dicht folgenden Thiam und Broersen als die
deutlich besseren Speerwerferinnen galten. Ihre Mitstreiterinnen Claudia Rath und Lilli Schwarzkopf zeigten mit 6,32m bzw. 6,18m solide Leistungen, wobei Claudia nicht ganz in gewohntem Ausmaß
ihre Stärke im Weitsprung ausspielen konnte, um Punkte aufzuholen.
Vorentscheidung im Speerwurf
Die Entscheidung spitzte sich im Speerwerfen zu; jeder Versuch wirbelte die Platzierungen durcheinander. Während Routinier Lilli Schwarzkopf ihren Speer gleich beim ersten Wurf auf 52,17m segeln
ließ, legten die Konkurrentinnen größtenteils verhalten los. Auch Carolin Schäfer erwischte mit 44,19 Metern einen mäßigen Start. Auf den hätte sich aufbauen lassen können, zumal die bis dato
noch dicht hinter ihr liegende Nadine Broersen nach einem ungültigen ersten Versuch sich im zweiten auf nur für sie indiskutable 41,50m zitterte. Doch leider folgte nicht die notwendige
Steigerung, so dass Carolin vier Meter weniger als in Götzis blieben. Da die Niederländerin hingegen im letzten Versuch noch fast elf Meter draufpackte und die auf Position vier lauernde
Antoinette Nana Djimou ihren Speer abschließend auf 54,18m feuerte, fiel Carolin auf Platz vier zurück. Sie tauschte mit der Französin, die nach dem Hochsprung von den Medaillenrängen verdrängt
worden war und sich vor dem 800m Lauf die Führung zurückeroberte. Die in Gruppe B werfende Claudia Rath konnte sich bei ihrem nicht ganz runden Wettkampf immerhin mit einer persönlichen
Bestleistung mit dem Speer (43,45m) trösten.
Lauf um die Medaillen
Die letzte Disziplin versprach einen heißen Kampf: nur 115 Punkte lagen zwischen der viertplatzierten Carolin Schäfer und Antoinette Nana Djimou auf Rang 1. Aufgrund der bisherigen Bestleistungen
war damit zu rechnen, dass nur die 19 Punkte hinter der Titelverteidigerin liegende und normalerweise bessere 800m-Läuferin Nadine Broersen eine Chance darauf hatte, ihr Gold streitig zu machen.
Der Kampf um Bronze schien für Carolin jedoch realistisch, denn Nafissatou Thiam hatte bislang eine ähnliche Mehrkampfbestleistung um die 2:22 min zu verzeichnen. Claudia Rath, die beste 800m
Läuferin im deutschen Lager, bewies wahren Teamgeist und stellte sich als Zugpferd für Carolin Schäfer zur Verfügung. Bei ihr wäre es „nur“ noch um eine mögliche Verbesserung von Platz 8 auf
Platz 7 gegangen, so dass sie entschied: „Ich kämpfe mit um die Medaillen - für Caro.“ Immer wieder nach der jüngeren Trainingspartnerin zurückschauend und sie anfeuernd, zog Claudia sie denn
auch zu einer sensationellen Steigerung auf 2:17.39 min. Am Ende reichte dies nicht ganz, denn auch Nafissatou Thiam lief um ihr Leben und zu neuem Rekord von 2:20.79 min, so dass sie 28 Punkte
Vorsprung vor Schäfer und die Bronzemedaille ins Ziel rettete. Die Freude von Carolin Schäfer blieb davon kaum getrübt, nachdem sie ihre unglaubliche Saison mit einer erneuten Steigerung ihrer
Bestleistung auf 6395 Punkte krönte. Kampfgeist bewiesen auch Antoinette Nana Djimou, die über sich hinaus wuchs und mit neuer 800m Bestleistung ihren Titel vor Nadine Broersen verteidigte, wie
auch Lilli Schwarzkopf, die sich mit Risiko in der ersten Runde an die Spitze setzte und probierte, was noch ging. Dem hohen Anfangstempo musste sie zwar letztlich Tribut zollen, konnte aber in
der Endabrechnung einen achtbaren fünften Rang verzeichnen.