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Interview mit Carolin Schäfer

Das TEAM hatte vor Kurzem die Gelegenheit, ein ausführliches Interview mit Carolin Schäfer zu führen. Die WM- Silbermedaillengewinnerin von 2017 spricht dabei nicht nur über ihre größten Erfolge und ihren Weg dorthin, sondern auch über ihren letzten Wettkampf bei den Olympischen Spielen in Paris. 

 

 

 

 

Carolin, jetzt sind die Olympischen Spiele in Paris schon ein einige Wochen her. Wie blickst du mit ein bisschen Abstand auf deine letzten Spiele und den letzten Siebenkampf deiner Karriere zurück?
Carolin: Durchweg positiv! Es war wirklich tolles Erlebnis in Paris und ein wunderschöner Abschluss meiner Karriere. Ich hätte mir das nicht besser wünschen können. Ich habe jeden Moment genossen und alles nochmal ganz bewusst aufgenommen, sei es im Stadion oder auch außerhalb im Olympischen Dorf oder in der Stadt. Dass ich das alles mit meinem Freund, (Jan Uder), der ja gleichzeitig auch mein Trainer war, so noch einmal erleben durfte, war nicht selbstverständlich. Da hat es mich auch besonders gefreut, dass meine Familie auch im Stadion war und ich diese Momente mit ihnen zusammen teilen konnte.

 

Du hast schon vor den Spielen bekannt gegeben, dass du deine Karriere beenden möchtest. War das eine lange geplante Entscheidung?
Carolin: Die Entscheidung ist im Verlauf der Saison herangereift. Jan und ich hatten vor der Saison das große Ziel, es zusammen zu den Olympischen Spielen zu schaffen – als Trainer- Athleten-Paar sozusagen. In Rom habe ich dann aber schon gemerkt, dass mir etwas fehlt. Ich hatte dieses „Brennen“, diese Emotionen nicht mehr so, wie ich sie brauche, um Top- Wettkämpfe abzuliefern. Irgendetwas in mir hat gesagt „Ich will das so nicht mehr!“. Ich war einfach satt. Körperlich und mental ging es nicht mehr. Und so reifte die Entscheidung, die ich dann kurz vor den Spielen bekannt gegeben habe.

 

Wie bist du dann an den Wettkampf in Paris herangegangen? Es war sicher nicht einfach die richtige Einstellung zu finden, nach den beiden Abbrüchen in Rom und in Ratingen. 
Carolin: Es war eine emotionale und intensive Zeit. Aber ich wusste genau, was ich kann und auch was nicht. Ich habe mir vorgenommen, mit positiven Eindrücken wieder nach Hause zu fahren und mich nicht runterziehen zu lassen, sollte mal etwas nicht klappen. Und genauso bin ich dann von Disziplin zu Disziplin gegangen. Das funktionierte ganz gut und ich war am Ende unglaublich froh und stolz, das so geschafft zu haben. Ich habe einfach akzeptiert, dass manche Leistungen für mich nicht mehr abrubar sind, und trotzdem konnte ich einen guten Wettkampf zeigen und vor allem auch zu Ende bringen. Es war mir einfach unfassbar wichtig, selbst zu bestimmen, wann Schluss für mich sein soll. Das ist auch nicht jedem vergönnt und mir daher viel Wert.

 

Losgelöst von deinem eigenen Wettkampf – wie hast du die Spiele in Paris insgesamt wahrgenommen?
Carolin: Es waren superschöne Spiele. Die Atmosphäre war wirklich toll. Wo hat man das schon mal, dass das Stadion schon vormittags proppenvoll ist und die Fans richtig Stimmung machen. Auch die Logistik war extrem gut. Wir hatten sehr kurze Wege, das macht so einen Siebenkampftag schon um Einiges einfacher. Aber auch abseits des Stadions, in der Stadt, war die Stimmung super. Es war eine tolle Mischung aus Sport und Kultur.

 

Kurz vor dem Hürdensprint hat sich die zweite deutsche Starterin, Sophie Weißenberg, schwer verletzt. Du hast dich unmittelbar vor deinem Lauf um sie gekümmert und mitbekommen, wie sie mit dem Rollstuhl rausgefahren wurde. Wie schwer war es für dich, den Fokus danach wiederzufinden?

Carolin: Ich bin direkt zu ihr hin und habe mit ihr gesprochen. Das war schon bitter und es war auch sofort klar, was passiert war. Aber es hilft nichts. Ich habe mich danach auf meinen Lauf konzentriert. Da hat mir sicher auch meine Erfahrung geholfen, das abzulegen und darauf zu schauen, was jetzt für mich wichtig ist. 

 

 

Wie geht es jetzt für dich weiter? Welche Herausforderungen warten nach deiner sportlichen Karriere auf dich?
Carolin: Da ich zurzeit beruflich noch freigestellt bin, freue ich mich jetzt erstmal auf ein ganz normales Leben, das nicht vom Sport bestimmt ist. Einfach mal ins Bett gehen, wann ich will oder essen, wann und was ich will. Das war jetzt jahrelang alles auf den Sport ausgerichtet, damit man genug Regenerationszeit hat und der Körper alles bekommt, was er braucht für Topleistungen. Ich freue mich auch total darauf, meine Familie und meine Freunde regelmäßig treffen zu können, auf Unternehmungen, Urlaub, Reisen... Ich habe ja jetzt auch keine Meldepflichten mehr, das ist schon viel mehr Freiheit und ein kleiner Neuanfang für mich.

 

Und beruflich?

Carolin: Ich bin bei der Landespolizei Hessen angestellt und aktuell noch freigestellt. Im neuen Jahr geht es dann für mich im ganz normalen Arbeitsleben los. Aber ich weiß noch nicht genau, in welchem Bereich ich eingesetzt werde. Das wird sich erst noch zeigen.

 

Wenn Du auf deine Karriere zurückblickst. Gibt es bestimmte Momente oder einzelne Wettkämpfe, die dir in besonderer Erinnerung bleiben werden?
Carolin: Die Silbermedaille bei der WM 2017 in London war für mich emotional die wertvollste. Das war etwas ganz Besonderes. Ich hatte 10 Jahre zuvor Silber bei der U18-WM gewonnen und musste danach auch Jahre durchleben, in denen ich nicht wusste, ob ich es in den Spitzenbereich bei den Erwachsenen schaffe. Auf dem Weg dahin, war zum Beispiel auch mein sechster Platz 2013 in Tampere bei der U23-EM ein ganz wichtiger Wettkampf, der mich sehr geprägt hat. Diese Platzierung war bist dato der Tiefpunkt in meiner KarriereIch habe mich stark hinterfragt und zusammen mit Jürgen Sammert, meinem damaligen Trainer, unser bisheriges Trainingskonzept und meine Einstellung dazu reflektiert und aufgearbeitet. Danach habe ich angefangen, wirklich professionell und hart zu arbeiten, weil ich verstanden habe, was ich brauche, um erfolgreich zu seinTalent allein reichte nicht mehr aus. Es hat mich richtig gepackt und ich habe danach meinen eigenen Weg gefunden, um in der Weltspitze anzukommen. Und als ich dann 2017 meine erste Medaille bei den Erwachsenen gewinnen konnte, war das wirklich ein ganz besonderer Moment.

 

Was würdest Du sagen, hat Dich als Athletin ausgezeichnet?

Carolin: Das ist schwer zu sagen über sich selbst. Vielleicht eine gewisse Beharrlichkeit und dass ich schon in jungen Jahren eine sehr gute Belastungsverträglichkeit aufgebaut habe. Da muss ich auch meinen Trainern danken. In der Jugend habe ich mit Jörg Graf einen Trainer an meiner Seite gehabt, bei dem ich eine unglaublich gute physische Basis legen konnte für die Trainingsbelastungen im Spitzenbereich. Darauf konnte ich dann später bei Jürgen Sammert aufbauen und in die Weltspitze vordringen. Er mich zu der erfolgreichen Athletin geformt, die ich heute bin. Beiden Trainern habe ich sehr viel zu verdanken.

 

 

Gibt es etwas, das dir fehlen wird als ehemalige Leistungssportlerin?

Carolin: Die Emotionen, die Aufregung vor einem Wettkampf, die Ehrenrunde mit allen Athletinnen nach einem Siebenkampf. Das waren immer sehr schöne Momente. Und natürlich auch das Miteinander während der zwei Wettkampftage. Diese lange Zeit im Stadion schweißt schon irgendwie zusammen. Das wird mir bestimmt fehlen.

 

Was würdest Du jungen Athletinnen, die im Siebenkampf erfolgreich sein wollen mit auf den Weg geben?
Carolin: Seid mutig und sucht euch euren eigenen Weg. Man muss für sich selbst herausfinden, welchen Weg man einschlägt. Das kann auch im Ausland sein.

Ich glaube, dass es enorm wichtig ist, für sich selbst ein attraktives und motivierendes Umfeld mit einem sehr guten Trainerteam zu finden. Und dann ist im Siebenkampf natürlich auch Geduld und Beharrlichkeit gefragt. Leistungen auf Topniveau in sieben Disziplinen kommen nicht einfach so. Man braucht Jahre, um das durch gezieltes Training aufzubauen.

 

Noch eine letzte Frage: Welche Bedeutung hatte das TEAM in all den Jahren für Dich?

Carolin: Das TEAM war gerade in den Anfängen meiner Karriere wie so eine Art Türöffner. Sei es als Ansprechpartner oder durch finanzielle Unterstützungen bei Trainingslagern. Das hilft vor allem auch dann, wenn man keinen Kaderstatus im DLV hat. Deswegen freue ich mich auch, dass das TEAM jetzt mit einem neuen Vorstand weitermacht und für die kommenden Athletinnen da ist. Ich hoffe, dass eines der Mädels mit dieser Unterstützung irgendwann auch in meine Fußstapfen treten kann.

 

Das TEAM bedankt sich ganz herzlich für das Interview und wünscht Carolin Schäfer alles Gute für die Zukunft!!!

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